TheaterPACK
© Leipziger Volkszeitung, 23. März 2015

Das Drama hinter der Bühne
Schwungvoll nicht nur beim Türschlagen: „Der nackte Wahnsinn" vom Theater Pack

Von Juliane Lochner


Wenn Theater gespielt wird, können schon mal die Fetzen fliegen. Das schreibt sich jeder hinter die Ohren, der mindestens einmal im Leben „Der nackte Wahnsinn“ auf der Bühne erlebt hat, eine inzwischen zu großer Popularität gelangte Komödie des Engländers Michael Frayn. Dafür, dass dabei kein Auge trocken bleibt, sorgen natürlich immer wieder allein eine geniale Inszenierung und die schauspielerischen Leistungen der Darsteller. Das Ensemble vom Theater Pack hat bei seiner Premiere von „Der nackte Wahnsinn“ (Regie: Frank Schletter) am Freitag beides in einer Art und Weise hinbekommen, die nichts zu wünschen übrig lässt.
Es handelt sich um ein Stück im Stück, bei dem die Darsteller zunächst eine Schmierenkomödie proben, später aufführen. Dabei geht es unentwegt drunter und drüber: Die eine verliert ihre Kontaktlinse, der andere bekommt ständig Nasenbluten, dem dritten muss dauernd die Whiskyflasche entzogen werden, damit er nicht sein bisschen Text vergisst. Da fehlt plötzlich hier eine Tasche, dort ein Teller mit Sardinen, beides taucht unvermutet wieder auf, doch diese paranormalen Phänomene machen den Mimen zunehmend zu schaffen.
Auch persönlich geraten sie heftiger aneinander. Dann legen sie eine mit Wut gepfefferte Premiere aufs Parkett, während hinter den Kulissen bereits Mord und Totschlag das Feld beherrschen. Nur mit Mühe und Not geht die letzte Aufführung über die Bühne. Der Zuschauer erlebt Akt 1 und 3 (Generalprobe und letzte Aufführung) vor der Bühne und Akt 2 (Premiere) dahinter.
An der Bühnenhinterwand befinden sich etliche Türen, die im Stück eine Schlüsselfunktion haben; zwischendurch wird zweimal zwischen den Akten diese Türenflucht spiegelverkehrt umgebaut. Auch das gehört zum Spektakel und beeindruckt mit logistischer Raffinesse und Handwerkskunst, bedenkt man die räumliche Beengtheit, in der das geschieht und in der die Truppe in der Kohlgartenstraße im Laden auf Zeit spielt. Den neun Darstellern wird akrobatische Gewandtheit abverlangt, wenn sie türenschlagend hinter Bad, Schlaf-und Arbeitszimmer oder sonstwo verschwinden und um die Ecke wieder auftauchen. Und dabei heißt es immer: Sardinen rein, Sardinen raus. Kurioserweise nehmen die Schauspieler dabei auch in leichter Bekleidung den Weg über die nächtlich kalte Kohlgartenstraße, um durch eine andere Tür wieder hineinzukommen.
Das ist Theater, das ist Leben! Ein wunderbarer Abend mit beseelten und am Ende fix und fertigen Darstellern, ein Erlebnis, das die Lachmuskeln stählt und richtig gute Laune macht.