TheaterPACK
© Leipziger Volkszeitung, 6. Juni 2018

Goethe mit Schokoflöckchen
In „Gottlieb und der Teufel“ mischt das Theaterpack unterhaltsam Dichtung mit Lokalkolorit

Von Karsten Kriesel

Unfreiwillig wurde der Komödie eins draufgesetzt, als zur eigentlichen Premiere vor ein paar Wochen Regisseur Frank Schletter spontan selbst die weibliche Hauptrolle geben musste. Darstellerin Clarissa Schneider war kurzfristig erkrankt. Aber auch zur nachgeschobenen Premiere der Theaterpack-Dinnerkomödie „Gottlieb und der Teufel“ in Originalbesetzung jetzt im Barthels Hof fühlte sich das Publikum bestens unterhalten, kulinarisch verwöhnt obendrein.
Bevor die Inszenierung in den kommenden Wochen als Sommertheater auch im Innenhof zu sehen sein wird, dient das historische Zechgewölbe als Bühnenbild, welches mal sich selbst, mal Auerbachs Keller, Goethes Studierzimmer oder andere lokale Orte um das Jahr 1764 andeutet. Von draußen dringt dazu ganz natürlich die Geräuschkulisse des sich damals gerade zur Weltstadt aufschwingenden Leipzigs in die Gemäuer.
Der Kaufmann Gottlieb Barthel, souverän gespielt von Mario Rothe-Frese, muss nach seiner Rückkehr aus dem Siebenjährigen Krieg feststellen, dass sein prall mit Gütern gefüllter Handelshof unter Wasser und er somit kurz vor der Pleite steht. Um die zwar aufstrebende, doch kriegsgebeutelte Stadt steht es kaum besser, und man pocht auf Einhaltung der Steuerpflicht.
Obendrein schwärmt Gottliebs junger Freund, der reichlich eitle, noch-nicht-von Goethe (Max Wald mit viel Inbrunst) derart von seinen, vor allem amourösen, Erfolgen, dass sich Barthel doppelt klein fühlt.
Hilfe bietet ein düsterer Geselle an: der Teufel, den Schneider mit diabolisch ruhiger Zurückhaltung gibt. Paktierend mit ihm soll Barthel nicht nur der wirtschaftlichen Misere entkommen, sondern gleich noch ein paar Privilegien ergattern, die so ein blutgezeichneter Vertrag mit sich bringt: Die Liebe der Bürgermeister-Tochter Charlotte etwa (ebenfalls Schneider), auf die jedoch Goethe schon mindestens ein Auge geworfen hat.
Doch der Teufel entpuppt sich schnell als Scharlatan, der bei Weitem nicht
nur „stets das Gute schafft“, sondern
erst einmal mehr Chaos anrichtet, als
er zu lösen imstande wäre. Um die
drei Darsteller entspinnt sich ein charmantes Kammerspiel aus allerlei historischen Halbwahrheiten und Goethe-Schnipseln. Wortwitz und einige zeitlose Analogien auf allzu heißspornige Männer, die Krux der Ehe (eine Ewigkeit ist schon ganz schön viel) und Steuerprobleme erzeugen nicht selten komödiantisches Augenzwinkern, das jedoch angenehmerweise nie zum Schenkelklopfer abrutscht.
Wirtshausatmosphäre stellt sich freilich automatisch ein, ansonsten bleibt das Publikum weitgehend außen vor, wird kaum nennenswert eingebunden. Ganz zu leiblichen Diensten steht ihm allerdings das zur Komödie gereichte Drei-Gänge-Menü: Die Vorspeise, optisch ein weihnachtlicher Eierpunsch in der Glastasse, entpuppt sich als frühsommerleichte Spargelsuppe mit elegantem Schautopping. Wunderbar – für heiße Tage fast zu deftig – der Hauptgang aus Krustenbraten, begleitet von Kraut und Klößen. Nach dem Schlussapplaus wartet das Dessert mit Quarkkeulchen und Vanille-Eis auf, geschmacklich abgerundet mit Erdbeeren und Schokoflöckchen.
Derweil läuft die Geschichte so leicht wie spannend dahin, bis durch Teufels Beitrag Vermögen, Freundschaft und Liebe gleichermaßen den Bach runtergehen zu scheinen. Aber wie es nun mal so ist in der Komödie: Am Ende dreht sich jede Verwicklung noch einmal zum Guten, nicht ohne allerdings den Teufel noch zu einem neuen Schelmenspiel ansetzen zu lassen.