TheaterPACK

© Leipziger Internet Zeitung vom 27. Februar 2010

Alles dreht sich um eine Puppe: "Großmickering" im Lofft

Großmickering ist ein kleines Dorf mitten im Nirgendwo. Da ist der Metzger Herr Fleischmann, seine Gattin, Klaas Klötzing, Wirt und Bürgermeister, dessen Frau, ihr Sohn Axel, der Schneider Herr Stricker, der Pfarrer, der Bauer und der Dorftrottel. Nach außen hin eine schöne heile Bilderbuchwelt.

Hinter der dörflichen Fassade liefern sich jedoch die Dorfbewohner in Christian von Asters Stück beinharte Auseinandersetzungen. Sie spinnen Intrigen und lassen bisweilen die Fäuste fliegen. Im Mittelpunkt aller Konflikte steht Schaufensterpuppe Chantal, die sich Metzger, Schneider, Bauer und Pastor aus Kostengründen gemeinsam gekauft haben und sich nach einem streng festgelegten Nutzungssplan teilen. Mal dient sie als Schaufensterpuppe für Wurstwaren, dann darf sie des Schneiders neueste Kleider zur Schau tragen. Wenn der Metzger von seiner Frau zur Beichte gezerrt wird, darf sie den Pfarrer doubeln, während der sich mit Frau Fleischmann vergnügt. Und nachts dient sie Bauer Hinrichsen als Vogelscheuche.

Doch eines Tages ist Chantal urplötzlich verschwunden. Ob der Bürgermeister seinem Amt gerecht werden und die kleine Staats-, ähm Dorfkrise meistern kann, können die Leipziger im Lofft rausfinden.

Regisseur Frank Schletter hat die dörfliche Komödie nach einer Vorlage des Drehbuchautors Christian von Aster auf die Bühne gebracht. Das Ensemble vom TheaterPACK spielt die Großmickeringer Dorfbevölkerung mit viel Herzblut. Ullrich Reuscher glänzt in seiner Rolle als streitsüchtiger Metzger Fleischmann ebenso wie Raschid D. Sidgi als nerviger Bürgermeister im Strickpullover. Harry Wenke als Schneider Stricker und Thomas Streipert als latent homosexueller Pfarrer, der Fleischmann regelmäßig die Frau ausspannt, strapazieren beim Publikum die Lachmuskeln.

Claudia Herold ist in einer Doppelrolle zu sehen und spielt die viel umworbene Frau Fleischmann ebenso elegant wie das verwöhnte pummelige Bürgermeister-Söhnchen Axel. Besonderes Lob gebührt Mareike Greb. Sie glänzt nicht nur in ihrer Rolle als literaturverliebte weltfremde Bürgermeister-Gattin, sondern auch und vor allem als Schaufensterpuppe Chantal. Diese Rolle, die sie mit viel Körperspannung auszufüllen hat, meistert sie großartig. Man muss anfangs schon genau hinschauen um zu erkennen, dass die Puppe keine ist.

"Großmickering" ist ein Abend über die kleinen Absurditäten des alltäglichen Wahnsinns. Frank Schletter inszeniert den Dorfschwank ohne großen Kitsch à la Theaterstadl und Co. Sein Bühnenbild ist schlicht und auf das Notwendigste reduziert, die Akteure stehen im Vordergrund. Das ist auch gut so, denn die Schauspieler verleihen den Großmickeringern genau den Charme, den dieser kleine Ort laut Christian von Aster zu versprühen im Stande ist. Vor allem verstehen sie es, den Saal durch kleine Slapstick-Einlagen immer wieder zum Lachen zu bringen.

Eine vergnügliche Aufführung, die das Premierenpublikum mit viel Applaus belohnte.

Patrick Limbach