TheaterPACK

© Leipziger Volkszeitung vom 27. August 2012

Kasperle-Theater ohne Puppen 
Theater Pack bringt als zweite Premiere Alfred Jarrys „König Ubu“ auf die Westwerk-Sommerbühne   

Von Torben Ibs 


„König Ubu“ aus der Feder von Alfred Jarry gilt als Urstück des Absurden. Das Stück von 1896 handelt vom Dragoner-Hauptmann Ubu, der den polnischen König umbringt, ein Terrorregime errichtet und schließlich fliehen muss. Die Sprache ist fäkal, eine Psychologie der Figuren nicht vorhanden – Kasperletheater für Erwachsene.

Das ist auch die Lesart des Theater Pack, das seinen Ubu am Freitag auf seine Sommerbühne im Westwerk als zweite Sommerspielzeit-Premiere in den Leipziger Abend entließ. Das Ganze feiert seinen Urstand in Minimal-Trash-Kostümen von Jane Treiber, die mit Netzen und grotesken Details – wie einem in Gold gekleideten Zaren – für die richtige Stimmung sorgen. Auch die Papprequisiten (Ausstattung: Sina Lukacs, Lukas Schletter), etwa überlange Schwerter oder eine aufklappbare Kanone, unterstreichen die groteske Plattheit von Handlung und Figuren. Die einzig staatstragende Figur in diesem Kasperletheater ist der heruntergekommene Erzähler (Jens-Paul Wollenberg), der mit Frack und simuliertem Kummerbund als gescheiterter Jahrmarktsverkäufer daherkommt und alle Regie- und Szenenanweisungen aus einem großen braunen Buch vorliest. So viel Texttreue war nie.


Regisseur Frank Schletter lässt auf der bis auf einen multifunktionalen Sessel leeren Bühne seine Ubu-Parade aufmarschieren. Alexander Aue gibt einen tranig-feigen Ubu, der von seiner Frau (Simone Cohn-Vossen) nicht ernst genommen wird. Ob gelegentliche Texthänger inszeniert sind, bleibt unklar. Mutter Ubu ist ebenso egoistisch wie ihr Mann, nur durchtriebener und weniger dumm. Cohn-Vossen spielt sie – wie alle anderen Schauspieler es mit ihren Rollen auch tun – mit großer Geste, in der alles zur Karikatur wird. Vom Blatt weg, könnte man sagen, denn alle Windungen des Textes werden bildlich gedoppelt. Das kann sehr amüsant sein, etwa bei der Hirnzermatschung der Adligen, doch hapert es hie und da mit dem Rhythmus. Der Abend, so scheint es oft, kommt nicht recht vom Fleck. Besonders die Feinheiten des Grotesken gehen bei den zahlreichen Rollen, die von den übrigen sieben Spielern gebracht werden, oft verloren, so dass eine gewisse Holzschnittartigkeit die Folge ist. Was auch daran liegen kann, dass besonders Mona Schubert, Jane Treiber und Sophia Heyn oft in rasanten Umzugsaktionen von Soldaten zu Finanzbeamten, zu Bauern oder wieder zu Soldaten werden. Das schwächt die Kraft, die die Aufführung in ihren besten Situationen entwickelt, etwa beim Mord am König oder auch in den absurd effektheischenden Kampfszenen, die sämtliche Regeln von Logik und Physik bravourös unterlaufen. Das ist großes Kasperletheater. 


Alles in allem hat Schletter hat einen unterhaltsam-launigen Abend geschaffen, der sich hier und da sicher noch ein wenig einspielen muss. Dass er den Ubu nach Leipzig gebracht hat, war auf jeden Fall eine gute Idee.