TheaterPACK
© Leipziger Volkszeitung, 15. Oktober 2019

Zwischen Endzeitstimmung und Partyspaß
Neues Stück „Motten“ hat Premiere beim Theater Pack

Von Juliane Lochner

Im Rahmen des Festivals Ostlichter hat das Theater Pack eine neue Produktion präsentiert, in diesem Fall sogar mal wieder eine Uraufführung: „Motten“, ein Zweipersonen-Stück von Denise Schellenberg, die selbst zum Ensemble gehört. Sie versucht sich damit erstmals auch als Autorin. Regie führt Pack-Leiter Frank Schletter.

Zu den Klängen psychedelischer Musik schlafwandelt ein Schemen über die dunkle Bühne, bald darauf hört man dazu eine verunsicherte Stimme von hinten. Wo bin ich? Zu Hause? Scheinbar ist es das Heim der längst vergangenen Kindheit, wo auf dem Dachboden Monster ihr Unwesen treiben. Im unsteten, zunehmenden Licht manifestieren sich zwei junge Frauen, die zunächst eine Person zu sein scheinen – ein Körper, eine Stimme; dann sind es wirklich zwei. Tiefsitzende Ängste gehen in ihnen um, vielleicht navigieren sie deshalb wie die Motten zum Erlösung verheißenden Licht.

Sie sind Freundinnen, teilen Prüfungsdruck und Partyspaß. Aber sie sind wie Tag und Nacht. Die eine, Valentina (Denise Schellenberg), kämpft mit überbordener Lebenslust dagegen an, dass Angst und Unsicherheit Besitz von ihr ergreifen. Die andere, Singa (Helene Déus), wird von lähmender Schwermut beherrscht. Sie wehrt sich nicht mehr gegen den Sog negativer Stimmungen und geht ganz darin auf, das von Menschen gemachte Weltende zu beschwören, das sie vor Augen sieht: Erderwärmung, Baumsterben, Artenschwund.

Die Welt müsste man retten, bloß warum tut es keiner? Man möchte auf die Bühne springen und Singa unter fröhliche Menschen zerren. Genau das will Valentina tun: mit ihr zur Disco gehen. Den Weltuntergangsvisionen ihrer Freundin setzt sie das Hier und Jetzt, die Macht frischen Verliebtseins entgegen. Kurz kommt es zur Konfrontation, Singa verstreut Valentinas Bonbonverpackungen – ein Sinnbild des Mülls, in dem alle bald ersticken werden. Betroffen verweilt Valentina bei Singa, trotz ihres übermächtigen Verlangens, endlich zu ihrem Liebsten zu stürmen. Sie versöhnen sich.

Sehr eindrücklich vermittelt Schellenberg, die hier natürlich die dankbarere Rolle innehat, die Kontraste zwischen Lebensfreude und Nachdenklichkeit. Passend zu den stillen Momenten des Stückes wandeln dann beide über das leise knisternde Bonbonpapier wie über die Blümchen einer Wiese.
Das Ende kommt ganz und gar unvermittelt – und wird hier natürlich nicht verraten.