TheaterPACK

© Leipziger Volkszeitung vom 3./4. Dezember 2011

Der Mafiaboss mit der Geflügelschere
Herrlich klischeebeladene Figuren beim Dinner-Krimi "Soko Ruprecht" des Theater Pack im Café Waldi  

Von Verena Lutter


Zwielichtig wirken sie alle, aber nur einer trägt das Geld aus dem Sparkassen-Überfall mit sich herum. Fragt sich nur: Wer? Die Gäste am Fünfertisch des Café Waldi sind sich nicht sicher. War's Günter Perlberg, der eben seine Frau ermordet hat? Der halbstarke Räuber Ralf Kreidler? Oder doch der messerschwingende Ulf Nigga 5.1? Wer beim fünften Dinner-Krimi des Theater Pack mitkommen will, muss gut aufpassen - so schnell wechselt am Donnerstagabend vor dem Hauptgang das Diebesgut seinen Besitzer.
Das Restaurant-Theaterstück "Soko Ruprecht" basiert auf einer Idee von Christian von Aster. Der Leipziger Autor lieferte auch die Story zum Horror-Animationsfilm "Herr Alptraum und die Segnungen den Fortschritts", der beim diesjährigen Dok-Filmfestival Premiere feierte. Darin geht es um einen finsteren Sonderling, der seinen Mitmenschen Nacht für Nacht Alpträume beschert. Einige der Figuren aus "Soko Ruprecht" hätten ebenfalls das Zeug dazu. Wie etwa der brutale Mafiaboss Grimaldi (Alexander Aue), der seinen Gegnern die Finger mit der Geflügelschere kappt. Oder der irre Perlberg (Mario Rothe-Frese), der die Leichenteile seiner Frau mit den Worten "Jetzt wirst du zum ersten Mal im Leben jemanden glücklich machen" in Geschenkpapier wickelt.
Diese beiden und die anderen herrlich klischeebeladenen Figuren machen "Soko Ruprecht" zu einem großen Theatervergnügen. Auch wenn man bis zum dritten Akt braucht, um die insgesamt 15 Personen auseinanderhalten zu können. Die tragen nämlich vom Soko-Kommissar bis zur Weihnachtsmann-Stalkerin (die Rolle, mit der Claudia Mooz die meisten Lacher provoziert) allesamt rote Mäntel.
Wirkt die Handlung bis dahin ein wenig ziellos, weil sie wohl der Einführung der Figuren dient, so nimmt sie danach ordentlich an Fahrt auf. Die Soko bittet das Publikum um Mithilfe bei der Suche nach dem geraubten Sparkassen-Geld. Atemberaubend, wie Frese, Aue und Mooz anschließend innerhalb von Sekunden furios Rollen und Säcke tauschen, bis auch der  Letzte im Saal völlig den Überblick verloren hat. Trotzdem liegen am Ende einige Gäste mit ihrem Verdacht richtig.
Das Menü fügt sich wunderbar in das schräge Figurenkarussell des Theater Pack ein. Den weihnachtlichen Gänsebraten gibt es für die Gäste nicht wie sonst üblich als Hauptgang, sondern überraschenderweise als Vorspeise - mit der an Niedlichkeit nicht zu überbietenden Beschreibung "Gänslein, Rotkohl fein & Klößelein". Und das Dessert aus Lebkuchenmousse mit Morellenkonfit und Zimtsahne schmeckt so gut, dass man sich wünscht, es gäbe häufiger Dinner-Krimis. Mit Weihnachtsmotto, versteht sich.