TheaterPACK
© Leipziger Volkszeitung, 6. Juni 2016

„Zwei“-Premiere: Reinigendes Gewitter im Theater Pack

Von Christian Dittmar

Manchmal fügt sich alles so zusammen, dass es am Ende perfekt passt. Nach langen Verhandlungen konnte das Leipziger Ensemble Theater Pack in diesem Jahr den Laden auf Zeit neu beziehen, ein ehemaliges Geschäft in der Reudnitzer Kohlgartenstraße (wir berichteten). Nach verschiedenen Vorstellungen im Eingangsbereich wird nun das Herzstück des Ladens theatral genutzt: der Tresen. Am Wochenende hatte „Zwei“ Premiere, ein Stück des britischen Dramatikers Jim Cartwright, das komplett in einem Pub spielt (Regie: Frank Schletter). Minimalistisch ausgestattet, bilden besagter Tresen samt Spirituosen plus Barhocker die einzigen Requisiten. Die Besetzung folgt dem Titel und besteht aus zwei Akteuren: Isa Flaccus und Marko Taubmann.

Dafür besetzen die Schauspieler gleich jeweils bis zu sieben Rollen, vom Wirt über Mr. und Mrs. Iger bis zu einem Jungen. Es spricht für ihre Verwandlungsfähigkeiten, dass sich Flaccus und Taubmann nicht nur innerhalb weniger Augenblicke umkleiden, sondern auch in die jeweiligen Charaktere versetzen können. Zu Beginn stellen die beiden ein Wirtspärchen dar, das in einer Eckkneipe am Rande der Stadt wirtschaftlich ums Überleben kämpft. Aber auch innerlich liegt bei den Partnern einiges im Argen, statt miteinander wird mehr mit imaginären Gästen geredet. Taubmanns Wirt ist dabei ein unangenehmer Macho, der seiner Frau schon mal ostentativ auf den Hintern haut.

Das Stück entwickelt sich durch immer wieder eintretende Besucher des Lokals, die dann jeweils von den beiden Protagonisten verkörpert werden. So schlüpft Flaccus in die Rolle einer alten Frau, stilecht mit Hut, Brille und übergeworfenem Schal, die beim Setzen auf den Hocker ächzt. Sie erzählt von ihrem Mann, den sie versorgen muss und von ihrem heimlichem Schwarm, dem Schlachter mit dem großen Messer, während sie sich immer mehr Whisky in ihre Teetasse gießt.
Da kommt auch schon Taubmann als Macker-Verschnitt mit Hawaii-Hemd, Pornobrille und Menjou-Bärtchen rein und baggert die (realen) weiblichen Zuschauer an. Als seine Freundin, auch von Flaccus gespielt, dazu tritt, verweist er in einem unbeobachteten Moment darauf, dass sie nur seine Schwester sei.

Nach und nach kristallisiert sich heraus, dass alle ihre Päckchen zu tragen haben. Tatsächlich fühlen sich die Handelnden in „Zwei“ zu zweit meist eher allein – einzige Zuwendung bietet die Kneipe um die Ecke, in der der Alkohol die fehlende menschliche Wärme ausgleichen muss. Beeindruckend gemacht.
Schließlich treten noch mal der Wirt und seine Frau auf. „Ich will darüber reden“, sagt Flaccus. „Ich aber nicht“, entgegnet Taubmann. Es offenbart sich, dass die beiden vor Jahren ihren Sohn verloren und seitdem nebeneinanderher gelebt haben. Das Eingestehen der Wahrheit führt zum reinigenden Gewitter. Das Paar verabschiedet sich mit einem „Ich liebe dich“ vom Publikum. Man ist eben doch nicht immer allein zu zweit.