TheaterPACK

Mondverdacht oder das Feuerwerk der Trolle

Terry Pratchetts Bilderwelt: Im fabelhaften Sommertheater des Ensembles TheaterPack kracht es oft an vielen Stellen gleichzeitig

Manches Theater sollte man mindestens zwei Mal anschauen. Dazu gehört „Mondverdacht", das Sommerstück des Ensembles TheaterPack. Aus Fenstern, Ecken und Nischen lässt Regisseur Frank Schletter allerlei groteske Bewohner der Scheibenwelt-Metropole Ankh-Morpork auftauchen. Ein visuelles Feuerwerk, das oft an mehreren Stellen gleichzeitig kracht.

Schnell entfaltet der Innenhof der Villa eine düstere, vorwiegend schwarz-grau gehaltene Märchenatmosphäre voll von Trollen, Zwergen und Ungeheuern. Aber es gibt auch gute und böse menschliche Wesen in Schletters Bilderwelt: Hauptmann Karotte (Chinook Ulrich Schneider), der einen Mord aufklären will und durch eine Intrige des Fieslings Ken-David (Alexander Aue) zum Hauptverdächtigen mutiert. Das Werwolfmädchen Angua (Sabine Kaminski), das in den Hauptmann verliebt ist und ihn zu retten versucht. 17 Darsteller spielen 45 Figuren. Das klingt rekordverdächtig. Auch dürfte diese Fantasy-Kriminalkomödie die Leipziger Offtheater-Inszenierung mit den meisten Auftritten pro Minute sein.

Die Qualität des Ensembles, das sich aus spielerfahrenen Profis bis unbedarfteren Amateuren zusammensetzt, ist sehr gemischt. Herausragend Sabine Kaminski in der Differenzierung ihrer drei Rollen, Alexander Aue als kalauernder Tod und begriffsstutziger Troll. Und Bühnenkomponist des Werkes Jan Paul Werge, dessen Auftritt als Prophet mit Zwischenapplaus honoriert wird. Dramaturgie und Bühnenumsetzung frei nach Terry Pratchetts Scheibenweltromanen sind großartig, vor allem die vielen kleinen Auftritte und humorvollen Situationen um die Haupthandlung herum. Die hässlich fette Mutter, die ihre Tochter herunterputzt, der fliegende Fisch, dem ganz nebenbei ein schöner Abend gewünscht wird, oder die Riesenspinne, die sich an ihr Opfer heranpirscht. In diesem Gesamtkunstwerk, bestehend aus im doppelten Sinne des Wortes fabel-hafter Ausstattung, Puppen- und Figurentheater, Schauspiel und Gesang, wird der Zuschauer zum Kind und hat viel Gelegenheit zum Staunen und Schmunzeln.

Das lässt über den seltsam mystischen Schluss hinwegsehen. Der erschließt sich aber womöglich bei mehrfachem Grübeln. Oder bei einem zweiten Ausflug in die Schletter-Scheibenwelt.

Janna Kagerer in der Leipziger Volkszeitung, 5./6.8.2006