© Leipziger Volkszeitung vom 13. Mai 2013
Ende gut, alles gut
Leichtes und amüsantes Sommertheater vom TheaterPack in der Arena am Panometer
Seit Freitag hallt "Viel Lärm um nichts" durch die Panometer-Arena. Frank Schletter und das TheaterPack geben Shakespeares Komödie dabei das, was ein Sommerstück braucht: Leichte, Tempo, Nonsens - und eine Nuance echtes Drama.
Von Steffen Georgi
Mit Shakespeares Komödien ist es so eine Sache: Sie haben immer einen grausamen Zug. Mal mehr wie etwa im "Sommernachtstraum" und mal weniger wie in "Viel Lärm um nichts". Es sind, kurz gesagt, die Grausamkeiten der Liebe, denen Shakespeare sein Personal mit manchmal fast sadistisch anmutender Lust aussetzt. Das fatal Verletzende, das Vernichtende gar, das Worte und Gesten verursachen können, piesackt bei Shakespeare als böser Stachel noch in der (vermeintlich) leichtesten Komödie.
In "Viel Lärm um nichts" ist es die schöne Hero, die das zu spüren bekommt. Ein tückisch forciertes Gerücht, Teil eines intriganten Plans, bezichtigt die Unschuld der Unzucht. Was reicht, dass der fesche, aber auch eben echt bigotte Claudio das ihn liebende Mädchen kurz vor der gemeinsamen Hochzeit verstößt. Mit Worten, wie es sie so brutal und wohlgesetzt zugleich nur bei Shakespeare gibt.
Es ist die Szene, in der in Schletters "Viel Lärm um nichts"-Inszenierung die Hero-Darstellerin Mona Schubert - sonst im Stück eher hübsche Mädchengarnitur - endlich mal was zu spielen bekommt. Und sie nutzt die Gelegenheit. Wenn Schnösel Claudio ihr sagt, für wie innerlich verrottet er sie hält, zeigt Schubert sehr schön dieses Nicht-wissen-wie-ihr-geschieht. Da entgleitet ihr nicht nur das Gesicht, sondern irgendwie ja auch das Leben. Und die Selbstgefälligkeit und Blasiertheit, mit der Fabian Schierbaum als Claudio seine Worte übers Herz und die Lippen bringt, ist der dramatisch bestmögliche Kontrast dazu. Starke Szene.
In "Viel Lärm um nichts" spannt Shakespeare eine Handlung, die im Italienischen spielend wie ein im toskanischen Sommerwind flatterndes Leinenlaken anmutet. Schletters Inszenierung transportiert das ganz gut. Ist mal straffer, mal lockerer gespannt, hängt dabei nur selten durch und vertraut ansonsten auf die Eckpunkte, die dieses Tuch halten. Diese Eckpunkte sind neben Hero und Claudio natürlich Beatrice und Benedikt. Dieses wunderbare Paar sich anziehender Gegensätze. Diese zwei Spitzzüngigen, die ihre Aversionen und ihre Liebes-Skepsis zelebrieren in geschliffenen Dialogen, in denen die Fetzen fliegen und die Pointen Ping-Pong spielen. Und die dabei natürlich einfach zueinander finden müssen.
Simone Cohn-Vossen und Bernhard Biller in dieser Besetzung zu sehen macht Spaß. Sie bilden die Pole, die auch sporadische Schlaffheitsfalten der Inszenierung flugs wieder straff zu ziehen vermögen. Und es ist die Unbeholfenheit und auch der hübsche Widerwille, mit denen beide lernen, ihre - wie es so schön heißt - "Gebärden der Liebe zu widmen", die die Inszenierung gekonnt herausarbeitet.
Ansonsten vertraut Schletter vor allem dem Volkstheaterhaften. Da passen die Kostüme aus der Zeit, als Theatermacher noch im Karren über Land zogen, zu den spielerischen Darreichungen. Wein, Weib, Gesang. Musik und Maskenball, toskanisch-bukolisches mit Zwiebelzopf, prallen Würsten, schönen Frauen und Männern, die mit Degen fuchteln. Dass man auch mal gegen die Amsel anspielen muss, deren Gesang laut im Arena-Raum hallt, passt gut. Das Ensemble ist groß, der Nebenrollen gibt es viele. Schwächen kaschieren sich durch Spielfreude, kleine darstellerische Highlights gibt es inklusive. Wichtigster Punkt: Man langweilt sich keine Sekunde. Was man zur Handlung des Stückes sagen kann, kann man auch zu dessen Inszenierung sagen. Und zwar mit Shakespeare: Ende gut, alles gut.